Nachhaltige Teamentwicklung

Was ist psychologische Sicherheit?

Psychologische Sicherheit ist der entscheidende Faktor: Fühlen sich Teammitglieder sicher genug, werden sie als Team erfolgreich sein. Fühlen sie sich jedoch unsicher, gibt es wenig Vertrauen untereinander und dein Team wird scheitern. In meinem Artikel zeige ich dir die Definition von psychologischer Sicherheit und wie du sie in deinem Team erkennen kannst. Außerdem verrate ich dir vier Schritte, mit denen du sie fördern kannst.

Psychologische Sicherheit: 4 Schritte für Vertrauen im Team
Inhalt

Definition: Was ist psychologische Sicherheit?

Bei vielen Konferenzen, Meetups und in vielen Büchern im Bereich der Teamentwicklung wird ein Begriff immer wieder genannt: psychologische Sicherheit. Teammitglieder müssten sich – so viele Autoren in Büchern oder Vorträgen – "psychologisch sicher" fühlen, damit ein Team erfolgreich sein kann.

Aber was ist psychologische Sicherheit überhaupt? Der Begriff der psychologischen Sicherheit geht auf Amy Edmondson zurück – ihre Definition lautet sinngemäß:

<div class="definition">Psychologische Sicherheit bezeichnet eine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre, in der Teammitglieder sich offen äußern können und dürfen, ohne beschämt zu sein, abgewiesen oder anderweitig negativ sanktioniert zu werden.</div>

Auf den ersten Blick klingt diese Definition von psychologischer Sicherheit etwas sperrig. Was meint Amy Edmondson damit? Lass' mich das praxisnäher formulieren.

Psychologisch sicher fühlen sich deine Teammitglieder, wenn sie in einer Situation keine Angst vor Konsequenzen spüren. Keine Angst davor, dass jemand über sie lacht, tuschelt, sie ausgrenzt, mit den Augen rollt, oder ihnen ein lautstarkes "Man, halt doch mal den Rand!" an den Kopf wirft, wenn sie beispielsweise in einer laufenden Diskussion ihre Meinung teilen. Sie dürfen ganz sie selbst sein und das sagen und tun, was sie für richtig halten.

Voraussetzung für eine gute Teamarbeit

Deine Teammitglieder müssen sich somit sicher genug fühlen, um in der von dir moderierten Retrospektive über Optimierungspotenzial und Verbesserungsmaßnahmen zu sprechen. Das gilt auch, damit sie dir in Einzelgesprächen erzählen, wie es ihnen wirklich geht und wo der Schuh konkret drückt oder auch dafür, damit sich deine Teammitglieder in der Teambesprechung einbringen, in der dein Team möglicherweise diskutiert, um wichtige Entscheidungen zu treffen.

Durch all diese Aspekte wird schnell deutlich: Psychologische Sicherheit ist die Kernvoraussetzung dafür, damit sich dein Team überhaupt kontinuierlich wie auch nachhaltig verbessern kann. Schließlich sind Retrospektiven, Diskussionen und Einzelgespräche zum Scheitern verurteilt, wenn sich deine Teammitglieder nicht offen äußern und du deshalb nicht weißt, was deine Teammitglieder beschäftigt oder wo du mit deinen Teambildungsmaßnahmen ansetzen sollst.

Psychologische Sicherheit: Subjektives & kontextabhängiges Gefühl

In einer Situation haben verschiedene Teammitglieder ein unterschiedliches Gefühl von Sicherheit. Außerdem kann sich ein Teammitglied in einer Situation sicher genug fühlen und in einer anderen plötzlich nicht mehr. Psychologische Sicherheit ist somit subjektiv und kontextabhängig – du kannst sie nicht mit der Gießkanne im Team verteilen.

Warum ist das so? Sie basiert insbesondere auf gemachten Erfahrungen: in der Kindheit, im Berufsleben, der aktuellen Organisation und dem aktuellen Team. Teammitglieder, die in ähnlichen Situationen schlechte Erfahrungen gemacht haben, werden sich deshalb mit Wortbeiträgen oder Aktionen zurückhalten. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Teammitglieder mit guten Erfahrungen erneut das Wort ergreifen werden – eben, weil sie in der Vergangenheit bereits die Erfahrung gemacht haben, dass sie keine Konsequenzen zu befürchten haben.

Übrigens: Auch, wenn ich in meinem Artikel von Retrospektiven oder einem Team-Coach spreche, ist psychologische Sicherheit für alle Teams relevant – ganz egal, ob du ein agiles Team, ein Scrum Team oder doch ein klassisches Team begleitest. Wenn sich deine Teammitglieder nicht sicher genug fühlen, wird dein Team keine nennenswerten Erfolge feiern können.

Aus genau diesen Gründen haben wir uns dazu entschieden, die psychologische Sicherheit als Fundament in unser Modell für nachhaltige Teamentwicklung einzubauen. Unsere Nachricht an dich: Ohne sie geht in deinem Team relativ wenig – bis gar nichts. Keine Sorge: Im weiteren Verlauf meines Artikels werde ich dir nicht nur mehr über das Thema an sich, sondern auch über das Modell und dessen Anwendung mithilfe der JTIA-Methode erzählen.

Psychologische Sicherheit als Fundament im Modell für nachhaltige Teamentwicklung

Jetzt, wo du weißt, was psychologische Sicherheit ist, beschäftigen wir uns nochmal tiefergehend mit ihrer Bedeutung für eine gute Teamarbeit. Anschließend gebe ich dir einige Tipps, mit denen du die psychologische Sicherheit fördern kannst.

Der Unterschied zwischen Teamerfolg und Misserfolg

Psychologische Sicherheit kann der Unterschied sein zwischen einem Gedanken wie "Mein Team funktioniert nicht" und "ich habe ein Hochleistungsteam".

Ihre Bedeutung im Hinblick auf den Erfolg und die Entwicklung eines Teams hat Google durch seine Aristoteles Studie nachgewiesen. Im Rahmen dieser Studie untersuchte Google vor einigen Jahren, in wie weit sich die "performenden" von den "nicht performenden" Teams des Unternehmens voneinander unterschieden. Oder anders formuliert: Sie gingen der Frage nach, was Teams erfolgreich oder eben nicht erfolgreich werden lässt.

Durch die Aristoteles Studie kam Google zu dem Ergebnis, dass es fünf Faktoren gab, die erfolgreiche Teams von den "erfolglosen" unterschieden. Auf Platz 1 – die psychologische Sicherheit und zwar mit deutlichem Abstand zu den vier anderen Faktoren.

Selbstverständlich solltest du auch die übrigen vier Faktoren in deiner Teamentwicklung berücksichtigen:

  • 1. Verlässlichkeit
  • 2. Struktur und Klarheit
  • 3. Bedeutung
  • 4. Auswirkung

Schauen wir uns an, was diese Faktoren im Detail bedeuten.

1. Verlässlichkeit

Deine Teammitglieder können sich aufeinander verlassen – wenn Hilfe oder Unterstützung benötigt wird, kümmern sich die übrigen Teammitglieder darum. Außerdem werden Aufgaben in einem angemessenen Zeitrahmen bearbeitet. Für beide Aspekte ist es wichtig, dass es keine Wissensinseln in deinem Team gibt.

2. Struktur und Klarheit

Dein Team verfügt über hilfreiche, passende und effektive Prozesse. Termine und Vorgehensweisen unterstützen die Arbeitsweise deines Teams. Außerdem sind Verantwortungen geklärt und dein Team mit einer angemessenen Entscheidungskompetenz ausgestattet. All das ist häufig das Ergebnis einer langfristigen Teamentwicklung, die auf der Haltung einer kontinuierlichen Verbesserung basiert.

3. Bedeutung

Die Arbeit deiner Teammitglieder hat eine Bedeutung. Sie stiften mit ihren Arbeitsergebnissen einen Mehrwert für Kunden und Stakeholder und sind sich dessen bewusst.

Mit New Work gibt es eine ganze Bewegung, die die Arbeitswelt verändern möchte, damit mehr Menschen einen Sinn in ihrer Arbeit spüren können. Damit sie einer Arbeit nachgehen können, die Sinn macht. Falls du dich fragst "Was ist New Work?" – dann findest du alles Wissenswerte dazu in dem von mir verlinkten Artikel.

Tipp: Insbesondere an diesem Punkt zeigt sich, wie wichtig es ist, dass dein Team ein Ziel verfolgt, das alle Teammitglieder für erreichbar und erstrebenswert halten. In meiner Team Definition erfährst du, was ich damit meine und woran ich für mich ein Team erkenne.

4. Auswirkung

Wie zahlt die Arbeit deines Teams auf die Ziele deiner Organisation ein? Wie hilft die Teamarbeit dabei, diese zu erreichen? Das sind Fragen, die sich deine Teammitglieder stellen – hier hilft es, mithilfe von Management und Führungskräften Transparenz über Ziele, Zahlen und deren Entwicklungen herzustellen. Diese Einsichten können den Teammitgliedern außerdem beim Treffen von Entscheidungen helfen, weil sie diese hierdurch an den Zielen ausrichten können.

Psychologische Sicherheit als wichtiger Faktor für Selbstorganisation

Wie bereits angedeutet: Die vier übrigen Faktoren sind nicht ansatzweise so von Bedeutung für dein Team, wie es die psychologische Sicherheit ist. Lies dir die Studie und ihre Ergebnisse dennoch in Ruhe durch – es lohnt sich. Schließlich ist eine Übernahme von Verantwortung durch Teammitglieder sowie eine Selbstorganisation in deinem Team für mich das langfristige Ergebnis der fünf Aspekte, die Google mithilfe der Aristoteles Studie nachgewiesen hat.

5 Ideen zur Stärkung der psychologischen Sicherheit

Nachdem wir uns mit der Definition von psychologischer Sicherheit sowie ihrem Einfluss auf Zusammenarbeit und Erfolg deines Teams beschäftigt haben, kommen wir jetzt zur Frage aller Fragen:

Was kannst du tun, um die psychologische Sicherheit und das Vertrauen deiner Teammitglieder zu fördern oder zu stärken? Wo sie doch – wie in der Definition genannt – subjektiv und kontextabhängig ist? Schließlich fühlt sich jedes Teammitglied in verschiedenen Situationen unterschiedlich sicher.

Bei Antworten auf all diese Fragen gilt: Da ist nicht nur jedes Team, sondern auch jedes Teammitglied anders. Dennoch möchte ich dir Ideen zur Stärkung der psychologischen Sicherheit deiner Teammitglieder beschreiben, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe. Reflektiere und überlege dir, ob diese zu deinen Teammitgliedern passen, bevor du sie anwendest:

  • 1. Entwickle dein Team zielgerichtet weiter
  • 2. Erarbeite Werte und Teamregeln
  • 3. Sei ein Vorbild
  • 4. Teile eigene Erzählungen und Erfahrungen
  • 5. Sei aufmerksam für Verletzungen

Was meine ich damit im Detail?

1. Entwickle dein Team zielgerichtet weiter

Bevor du dir Gedanken über mögliche Teamentwicklungsmaßnahmen machst, solltest du zunächst das Ziel deiner Teamentwicklung definieren – eine beobachtbare Verhaltensänderung. Was ist anders, wenn dein Team den nächsten Entwicklungsschritt erreicht hat? Wie verhalten sich deine Teammitglieder dann?

Beispiel: Wenn der Entwicklungsschritt erreicht wurde, sind die Redeanteile in Diskussionen deiner Teammitglieder ausgeglichen.

Anschließend kannst du mithilfe unseres Modells für nachhaltige Teamentwicklung die Ursachen für das bisherige Verhalten deiner Teammitglieder herausfinden: Liegt es an mangelnder psychologischer Sicherheit, Wissen, Erfahrung, Haltung oder Werte? Von dort aus kannst du Maßnahmen suchen, die dein Team in den identifizierten Ursachen weiterentwickelt.

Dieser Ablauf ist Kern unserer JTIA-Methode. Die JTIA-Methode hilft dir dabei, dein Team in fünf Arbeitsschritten kontinuierlich und zielgerichtet weiterzuentwickeln. Du möchtest daran arbeiten, dass sich deine Teammitglieder in verschiedenen Situationen sicher genug fühlen? Dann ist die JTIA-Methode die richtige Vorgehensweise für dich. Alles Wissenswerte habe ich dir im verlinkten Artikel übersichtlich und kompakt zusammengefasst.

Bei der Weiterentwicklung von psychologischer Sicherheit hilft die JTIA-Methode.

2. Erarbeite Werte, Teamregeln oder Teamprinzipien

In den Teamphasen nach Tuckman nehmen Werte eine wichtige Rolle ein. Deshalb ist es nicht überraschend, dass auch ich dir die Erarbeitung von Werten, Teamregeln oder Teamprinzipien mit deinen Teammitgliedern empfehle. Wenn es euch gelingt, diese gut und verständlich zu formulieren, machen sie wichtige Eckpunkte für den Umgang miteinander explizit und transparent. Das gibt deinen Teammitgliedern klare Anforderungen und Leitplanken für die gemeinsame Zusammenarbeit.

Wie du Werte oder Teamregeln mit deinen Teammitgliedern erarbeiten und welche Fragestellungen du dabei konkret nutzen kannst, habe ich dir in dem verlinkten Artikel beschrieben.

3. Sei ein Vorbild

Sobald du mit deinen Teammitgliedern gemeinsame Werte oder Teamregeln erarbeitet hast, ist es nun wichtig, diese auch mit Leben zu füllen. Es reicht also nicht, die Werte im Intranet zu dokumentieren oder auf Hochglanzposter zu malen.

Gehe als gutes Beispiel voran und lebe die Werte vor. Das macht sie für deine Teammitglieder erlebbar und benennbar. Dein Team hat sich Pünktlichkeit vorgenommen? Sei pünktlich. Du bist dennoch unpünktlich? Bitte proaktiv um Entschuldigung und sei zukünftig pünktlich. Ihr wollt eure Meinung offen äußern? Dann spreche mit deinen Teammitgliedern darüber, wenn du unzufrieden bist oder es dir nicht gut geht.

Wenn sie sehen, dass keine negativen Konsequenzen zu befürchten sind, sobald du dich offen äußerst, ist es wahrscheinlich, dass sie es früher oder später auch tun werden. Sie machen positive Erfahrungen – du erinnerst dich an den Zusammenhang zur psychologischen Sicherheit, den ich bei meiner Definition beschrieben habe?

Deine Teammitglieder werden ihre eigenen Werte aber nicht sofort leben – im Gegenteil. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Werteverletzungen insbesondere am Anfang ganz normal sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass du Werteverletzungen bemerkst und diese dann thematisierst – in der Gruppe oder in Einzelgesprächen.

Dein Team muss lernen, mit derartigen Werteverletzungen umzugehen. Ein Teammitglied kommt weiterhin unpünktlich? Dein Teammitglied hat dafür gute Gründe. Dennoch gibt es viele Möglichkeiten: Der Termin wird zukünftig verschoben, jemand holt das Teammitglied von zuhause ab, es nimmt zukünftig eine Bahn früher, oder, oder, oder. Welche Lösung für eine konkrete Werteverletzung die hilfreichste ist, wird dein Team nur herausfinden, indem es darüber spricht.

4. Teile eigene Erzählungen & Erfahrungen

Teile eigene Erzählungen, Erfahrungen und persönliche Geschichten mit deinem Team. Hierdurch stellst du eine emotionale Verbindung mit deinen Teammitgliedern her. Inhaltlich eignen sich hierfür persönliche, witzige, aber auch peinliche Erlebnisse aus der eigenen Kindheit oder deiner beruflichen Laufbahn. Auch Themen, die dich aktuell beschäftigen, kannst du teilen.

Neben eigenen Erzählungen habe ich auch gute Erfahrungen damit gemacht, den Teammitgliedern inhaltliche Fragen zu stellen. Dein Mut, vermeintlich banale Fragen an das Team zu stellen, lebt vor, dass sich niemand davor scheuen muss, eine Frage zu stellen – zumindest, sofern deine Frage wertschätzend beantwortet wird. Dann zeigt sich, dass es jede Frage wert ist, gestellt zu werden. Eine wichtige Verhaltensweise, um die psychologische Sicherheit unerfahrener Teammitglieder zu stärken.

Achte bei deinen Erzählungen und deinen Fragen jedoch unbedingt darauf, dass du authentisch bleibst. Deine Teammitglieder werden gespieltes Interesse, absichtlich falsch gestellte Fragen oder erfundene Geschichten enttarnen. Das hätte schwerwiegende Folgen für deine Glaubwürdigkeit, das Vertrauen in dich und somit auch für die psychologische Sicherheit.

5. Sei aufmerksam für Verletzungen

Im nächsten Abschnitt beschreibe ich dir Situationen, in denen du aufmerksam sein solltest, weil in ihnen die psychologische Sicherheit einzelner Teammitglieder verletzt werden kann – manchmal bewusst, manchmal unbewusst.

Indem du rechtzeitig eingreifst, um die Situation zu unterbrechen und anschließend beispielsweise Einzelgespräche führst, kannst du das Vertrauen und die psychologische Sicherheit schützen oder vielleicht sogar stärken. Schauen wir uns jetzt an, was für Situationen ich konkret meine.

Situationen in denen du eingreifen musst

Der naheliegendste Gedanke, wenn es um Situationen geht, in denen die psychologische Sicherheit deiner Teammitglieder verletzt wird, sind vermutlich Konflikte, in denen lautstark geschrien und beleidigt wird oder arbeitsrechtliche Maßnahmen wie eine Abmahnung oder Kündigung.

Meiner Erfahrung nach gibt es jedoch viele weitere Situationen, die auf dich zunächst möglicherweise wenig dramatisch wirken und deren Auswirkungen du deshalb übersehen kannst. Dennoch können sie früher oder später eine schlechte Wirkung in deinem Team enthalten, weil sie die psychologische Sicherheit eines Teammitglieds verletzt haben:

  • 1. Sarkastische Kommentare
  • 2. Unausgeglichene Redeanteile
  • 3. Unterbrechungen und ins Wort fallen
  • 4. Mehrarbeit
  • 5. Ausgrenzung

Welche Situationen meine ich konkret?

1. Sarkastische Kommentare

In einer Diskussion erfolgen Reaktionen auf Wortbeiträge, die wenig wertschätzend formuliert sind und ein Teammitglied in der Gruppe bloßstellen.

Beispiel: "Da hast du wieder eine besonders geile Idee gehabt. Du glaubst auch noch an den Osterhasen, oder?"

2. Unausgeglichene Redeanteile

Es gibt Teammitglieder, die können in Diskussionen oder bei Fragen in Meetings schneller schießen als ihr Schatten. Andere brauchen jedoch etwas mehr Zeit, um über ihre Antwort nachzudenken und diese zu formulieren. Erstere Teammitglieder werden und wirken hierdurch "lauter" und die leisen Teammitglieder zu "leise".

In solchen Situationen habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, die "lauten" und schnellen Teammitglieder in Einzelgesprächen zu sensibilisieren und sie zu bitten, etwas abzuwarten. Hierdurch hatten die anderen Teammitglieder eine Chance, nachzudenken und sich zu äußern.

3. Unterbrechungen und ins Wort fallen

Einzelne Teammitglieder hindern ein anderes Teammitglied daran, seinen Wortbeitrag zu beenden. Beispielsweise, indem sie ihm lautstark ins Wort fallen oder eine Nebendiskussion mit ihrem Sitznachbarn eröffnen.

Hier macht es Sinn, die laufende Diskussion kurz zu unterbrechen und dem Teammitglied dabei zu helfen, den Wortbeitrag zu beenden.

4. Mehrarbeit durch fehlende Übernahme von Verantwortung im Team

Ein Teammitglied stellt eine Idee im Team vor und muss diese anschließend (wiederholt) eigenständig umsetzen, weil niemand bereitwillig Verantwortung übernehmen möchte. Sprich: Das Teammitglied, das ein Problem oder eine Idee mitbringt, darf sich auch um die anschließende Umsetzung kümmern.

5. Ausgrenzung aus dem Team

Ein Teammitglied, das auf Risiken bei der Zielerreichung hinweist, wird von den übrigen Teammitgliedern belächelt oder ausgegrenzt, weil der Hinweis auf mögliche Risiken in ihren Augen unbequem und "nervig" wirkt. Manchmal fühlen sich die übrigen Teammitglieder hiervon persönlich oder in ihrer Arbeit angegriffen.

Schlechte Erfahrungen bei Verletzung der psychologischen Sicherheit

All diese Situationen verletzen die psychologische Sicherheit einzelner Teammitglieder, weil sie hierdurch schlechte Erfahrungen machen. Für mich sind derartige Situationen und Verhaltensweisen außerdem ein Anhaltspunkt für ein toxisches Arbeitsumfeld. Oder möchtest du in einem Umfeld arbeiten, in dem du nicht ausreden darfst oder sogar ausgegrenzt wirst?

Überlege dir, welche der beschriebenen Situationen du bereits in deinem Team beobachtet hast. Versuche hierfür in den nächsten Terminen deine Beobachtungsgabe zu schärfen und bewusst auf den Umgang deiner Teammitglieder miteinander zu achten.

Welche Situationen auch immer du in deinem Team entdeckst – häufig haben sie die gleiche Folge: Dein Team entwickelt und verbessert sich nicht so wie es eigentlich könnte. Durch Defizite in der psychologischen Sicherheit tritt es auf der Stelle. Hierdurch ist eure Teamarbeit im schlimmsten Fall langfristig zum Scheitern verurteilt.

Greife frühzeitig ein und vertraue deinem Bauchgefühl

Deshalb musst du für Situationen, die die psychologische Sicherheit einzelner Teammitglieder verletzen könnten, aufmerksam sein. Manchmal gehört es auch zu den Scrum Master Aufgaben oder zu deiner Rolle als Agile Coach, einzuschreiten und Situationen zu unterbrechen, um Schlimmeres zu verhindern.

Bei starken Gefährdungen wie beispielsweise einem lautstarken Konflikt ist häufig ein direkter Eingriff hilfreich, damit die Gemüter abkühlen können und du so eine Verschlimmerung der Situation verhindern kannst. In anderen Situationen ist es hilfreicher, diese zunächst laufen zu lassen, um im Anschluss vertrauliche Einzelgespräche zu führen. Solltest du dir nicht sicher sein, welche Reaktion am besten ist, empfehle ich dir, deinem Bauchgefühl zu vertrauen.

Strikte Moderation von Terminen

Wenn die Termine deines Teams nicht so ablaufen, wie sie es sollten, kann es helfen, diese strikter zu moderieren. Ruhige Teammitglieder kannst du so – nach Rücksprache in einem Einzelgespräch – namentlich aufrufen, damit sie sich äußern können. Die im Team erarbeiteten Werte oder Teamregeln können dabei helfen. Auch Teammitglieder, die andere Wortbeiträge unterbrechen oder sarkastische Kommentare nutzen, kannst du so bremsen und dabei helfen, die psychologische Sicherheit einzelner Teammitglieder zu schützen oder sogar zu stärken.

Ich empfehle dir jedoch, Termine nur kurzfristig strikt zu moderieren. Achte deshalb darauf, dass du langfristig gesehen die Verantwortung wieder an die Teammitglieder übergibst. Ansonsten riskierst du, dass Termine nicht funktionieren, sobald du nicht dabei bist – ein schlechtes Vorzeichen dafür, wenn du krank oder im Urlaub sein solltest.

Wie auch immer deine Reaktion auf eine Situation konkret aussieht: Sprich mit deinen Teammitgliedern und beteilige sie bei deiner Arbeit an den Problemen. Schau, wie sie reagieren und mit der Situation umgehen. Möglicherweise musst du deine Maßnahmen deshalb nochmal anpassen.

Verhaltensweisen an denen du psychologische Sicherheit erkennst

Einige Beispiele für psychologische Sicherheit habe ich dir bereits bei der Definition beschrieben: Teammitglieder trauen sich, unbequeme Meinungen zu vertreten, sie diskutieren wertschätzend miteinander und sie fragen um Hilfe und Unterstützung, wenn sie nicht weiterkommen. Auch über die Vorschläge zur Verbesserung der gemeinsamen Zusammenarbeit in der Retrospektive haben wir gesprochen.

Es gibt noch weitere Verhaltensweisen, an denen du bei deinen Teammitgliedern erkennen kannst, dass sie sich in einer Situation sicher genug fühlen:

  • Ein konstruktiver und offener Umgang mit Feedback & Kritik
  • Experimente werden gewagt – auch, wenn ein Scheitern möglich ist
  • Private Themen und Gefühle werden angesprochen
  • Verletzung der Teamregeln und Team Werten werden thematisiert
  • Maßnahmen zur Verbesserung werden auch außerhalb der Retrospektive gesucht
  • Es wird bereitwillig Verantwortung übernommen
  • Teammitglieder verhalten sich unverändert, auch, wenn ein People Lead oder eine andere Führungskraft im Raum ist

Reflektiere über dein eigenes Team

Dies sind nur einige Beispiele, die mir spontan einfallen.

Ich empfehle dir, jetzt über dein eigenes Team zu reflektieren:

  • Welche der Verhaltensweisen und Merkmale erkennst du in deinem Team wieder?
  • Woran machst du fest, dass sich Teammitglieder psychologisch sicher fühlen?
  • Hast du weitere Ideen für Verhaltensweisen, an denen du das erkennen kannst?
  • Wie steht es um Vertrauen in deinem Team?
  • Hast du schon mal mit deinen Teammitgliedern in Einzelgesprächen oder in der Retrospektive darüber gesprochen, wie sicher sie sich fühlen?

Du bist dir nicht sicher, wo du in deinem Team ansetzen sollst? Du weißt nicht, wie du es weiterentwickeln kannst? Dann komm gerne ins Intensivtraining für nachhaltige Teamentwicklung und wir finden es gemeinsam heraus.

Markus Trbojevic
Dein Experte für Teamentwicklung
Teamentwickler, Coach und Autor von "Jedes Team ist anders".


Markus liebt es, wenn sich Teams entwickeln und sie sukzessive gemeinsame Erfolge feiern können. Als Autor des Praxisbuchs "Jedes Team ist anders" und als Trainer für Teamentwicklung hilft er dir dabei, starke Teams zu entwickeln.

Du hast Rückfragen zum Artikel oder möchtest mehr über Teamentwicklung erfahren? Dann freut sich Markus auf deine Kontaktaufnahme.
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